...Die Arbeit mit dem Titel „Kranzabgabe täglich 8-16 Uhr“ - so läßt sich der Verwaltungsakt in pointierter Kürze lesen - versammelt einen Haufen Schwimmringe. Diese sind bedruckt mit Kranzmotiven, auf einer Schauseite nur 5 verschiedene klassische Motive, darunter Rosen, Efeu, Lorbeer, Reisig. Daran, wie es sich gehört Schleifen mit den üblichen Worten: zum Abschied, in stillem Gedenken, in Liebe, letzter Gruß, auf Wiedersehen. Insgesamt 25 mögliche Kränze also als Sortiment, als massenhafte Ware, für den uniformierten, kurzzeitigen Gebrauch, Formeln der Trauer oder einfach der Hilflosen Gepflogenheit angesichts der Erkenntnis, daß man eigentlich nichts tun kann, als sich mit anderen an dem Ritual und seinen Attributen festzuhalten. Norm und Ordnung sind darin so absurd wie doch auch wesentliche Hilfe, an die man sich klammern kann. Sicher genau deswegen hat Daniel Bräg Schwimmringe genommen. Wer nicht schwimmen kann, nicht aus eigener Kraft sich - nun bildlich gesprochen - „über Wasser halten kann“, braucht sie als Überlebenshilfe, damit er nicht untergeht. So hat die Verwandlung des Symbols vom Kranz zum Schwimmring metaphorischen Sinn, und die bildhafte Ironie ist durchaus ernst zu nehmen. Auch der Charakter des normierten Massenartikels wird auf den Punkt gebracht. Es bleibt das Unbehagen bei den Fragen, die diese Arbeit aufwirft und alle schnelle Antwort wäre Ideologie, die sich gegen die ambivalente Ironie verwehrt und die vielen widersprüchlichen Aspekte, ihre positive wie kritische Wertung übersieht. Werner Meyer, 1997