22 Oktober 2016

"Hilfäää, Luft!", ein literarischer Themenabend von Uwe Dick

fBeim Ausatmen einatmen? Oder: Smog ...
... no ganz anders kemma

Siehe auch Vorbericht  "radioTexte" Sonntag, 11.09.2016 Bayern 2

Lautkraft statt Augengymnastik

Mit aerophonischen Variationen gastierte der Poet, Hörspieler und Schausprecher Uwe Dick am Samstag, 22. Oktober im Luftmuseum. Zu erwarten war Sprache, statt Schreibe – so kündigte es der Niederbayer bereits im Vorfeld an, und so legte er auch gleich los mit einer Uraufführung rund um das Thema LUFT, die der Luftmuseum e.V. zum 10-jährigen Bestehen in Auftrag gegeben hatte.

Mit einem lauthals getönten „Hilfäää, Luft!“ holte Dick die Zuhörer ab - und den Gedanken darüber, dass (und wie) man beim Ausatmen auch einatmen kann. So startete die kurzweilige Lesung und Hörung, in der Dick seine zum Teil ganz neu komponierten Atemwerke intonierte. Mit seinen Wortschöpfungen, seiner Atemkunst wettert Uwe Dick gerne und viel gegen die „saisonale Billigtristik“ und die von ihm so genannte „Fertigteilsprache“,mit der sich alle Welt über die sogenannte Welt-Literatur unterhält: „Den neuen Wälzer von X, die CD von Y, alle Filme von Z, weißt schon, hab ich mir reingezogen“ - Python-Deutsch eben. Stattdessen propagiert Uwe Dick die Poesie als Lebensweise, doch die größte Bedeutung misst er dabei der Sprache selbst bei. „Der Klang macht das Wort“, hilft, die Bedeutung zu verstehen, so Dick. Sprache sei ja schließlich schon so alt, da gab es noch kein Papier. Doch trotz – oder gerade bei? - aller Sprachliebe steht Uwe Dick auch für Wortkonzentrate, will verdichten, „kondensare“ nennt er es. Der Wille zum möglichst geringen Wortverbrauch brachte ihn zum Ein-Wort-Roman. Hier kommt ihm besonders die Dialekt zugute. Dialekt ist viel wärmer und klarer, er spricht wesentlich mehr benachbarte Intentionen und versteckte Triebe an, ist „hinterfotziger“, abgründiger – da bleibt eine Provokation nicht aus. Besonders Episoden aus dem Alltag prägen Dicks Texte. So findet sich eine lautmalerische Beschreibung seines Weges auf dem Fahrrad über die Überlandstraße von Niederperlesreuth hin zur nächsten Stadt – Brrrrrrrommmm macht es da und Niiiiiiiiiiiionnnng, und zwischendurch sein Mantra: „Lass dich nicht brutalisieren, Dick, noch drei Kilometer, zehn Minuten, dann hast du's, schnauf durch!“. Doch auch zur Politik äußert sich der Hörspieler. „ Die Nullen sind wichtig, jede mit ihrem Gesichtskreis – obwohl sie oft gar keinen hat. So darf ein Politiker – soll die Menge an ihm sich wiedererkennen – nicht zu viel Profil zeigen!“ Gefolgt von der Aussage: „Ja, a Nuller hod oiwei Angst, dass bei eahm durchziagt!“. 90 Minuten nonstop-Lesung fliegen nur so an den zahlreichen Zuhörern vorbei. Dicks Gewitterturbulenzen, singende Silben und Prellwitztriller schwirren im Raum. Ein sprachmächtiger, worderfinderischer Abend ging unter lautem Applaus zu Ende. (Johanna Foitzik)  

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